Ein kleiner Rückblick auf das von Kongressmedia und Tapio Liller organisierte PR 2.0 Forum letzte Woche Dienstag in Hamburg.
Ich hatte mich sehr auf die Veranstaltung gefreut, da sie gefühlt thematisieren würde, womit ich mich die letzten fünf Jahre beschäftigt habe. Es waren viele b/Bekannte Gesichter zu treffen, was nicht nur nett ist, sondern auch anregend. Es ist wichtig, dass “wir” uns gegenseitig stimulieren, wichtig, nicht nur Jazzpolizei zu spielen, sondern im Idealfall klare Erkenntnisse oder gar to-dos mit nach Hause nehmen, egal wie gut wir meinen, uns mit dem Thema aus zu kennen. Von dem, was ich an Retrospektive bisher gelesen habe, finde ich den Beitrag von Anne Marei aus der Parkstraße am besten. Hier werden nicht nur Allgemeinplätze und Zitate widergegeben, sondern mit dieser Liste können sowohl die in PR 2.0 noch Unerfahrene wie auch die Erfahrenen arbeiten.
Allgemeinplätze und Kumbayah gab es nämlich durchaus an diesem Tag, vielleicht etwas zu viel. Wenn alle sich an die Hand nehmen, das Mantra “erstmal zuhören, zuhören, zuhören” gemeinsam beten und einer Meinung sind, dann scheint die Branche auf dem richtigen Weg. Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
Vielleicht ist meine Sicht etwas verdreht, weil ich erst jahrelang PR gemacht habe und seit zwei Jahren zumindest auf dem Papier zur Werbung gehöre. Vielleicht auch, weil ich nie der begnadetet PR-Texter war, und mit dem Einzug der Blogs in die “normale” Kommunikation kein Eindringen in mein Revier fürchte. Und vielleicht auch, weil in meinen Augen das andere Mantra, “Cluetrain Manifest ist die Bibel des Marketing”, größer ist als das, was am Dienstag angesprochen wurde. Wolfang Lünenbürger-Reidenbach sagte, das Thema “verkaufen” ziehe sich durch sein Leben. Genau. Zusammen ergibt dies für mich, dass das Erkennen von Verbesserungsmöglichkeiten in der Kommunikation nicht ausreicht – eigentlich muss die Beratungsleistung ehrlich sein und nicht nur daruf hinzielen, dass man “Hauptsache PR” verkauft. Im Klartext: Wenn die Mehrheit der Anwesenden bei Sachar Kriwojs “das Produkt muss gut sein” zustimmend raunt, dann erwarte ich die Bereitschaft der PR-Verantwortlichen folgendermaßen zu beraten:
“Wir machen das gern, aber aus strategischer Sicht wäre es sinnvoller, erst einmal Geld in das Produkt/den Kundenservice/die Hotline zu investieren”.
Warum das Sinn macht? Ich habe mehr davon, langfristig mit einem Kunden zusammen zu arbeiten, als jemandem einmal “zwei Pressemitteilungen, eine Redaktionstour und ein Blog” zu verkaufen, wenn er zwei Monate später sein Geschäft schließen muss, weil das Produkt/der Kundenservice/die Hotline nicht gut genug war, um Käufer für sein Produkt zu finden. Langfristig reicht es nicht, dass sich die Kommunikation den Begebenheiten der Echtzeit-Feedback-Welt anpasst; es sond in erster Linie die Produzenten (im Sinne, die, die Produkte schaffen, die gekauft werden sollen), die das tun müssen. Denn in den wenigsten Fällen kann man auf Basis guter Kommunikation nachhaltig ein schlechtes Produkt verkaufen. In 10 Jahren werden diejenigen Unternehmen die besten Markenwerte haben, die sich ebenso innovativ weiterentwickeln wie sie auf Wünsche der Kunden eingehen.
Das ist natürlich nichts Neues, das habe ich vor drei Jahren schon einmal geschrieben. Aber noch ist Zeit. Noch kann sich die “klassische” PR auf den Wandel einstellen. Noch gibt es keinen Grund zur Verzweiflung: “Wir” können den Unternehmen ihren Part zwar nicht abnehmen, aber wir können sie dahin leiten, mit all unserem Wissen.
Weitere Links dazu:
Die Goere lebt
Clab
KMTO Blog
Larsbas
2 Comments
Tapio Liller
Danke für deinen Rückblick auf’s PR 2.0 FORUM. Du hast absolut recht, es gab an dem Tag eine Spur zuviel Selbstvergewisserung (was ich mir als Moderator auch selbst zuschreiben muss). Andererseits brachte der Open Space am Nachmittag die Menschen zusammen, die an einem Unterthema mehr Detailarbeit leisten wollten, als dies im großen Plenum möglich ist. Insofern hat unser Ziel, ein Diskussions-Forum einzurichten m.E. funktioniert.
Stichwort Beratung und Produkt: Das ist für mich persönlich eine der spannendsten Herausforderungen für Kommunikationsberater. Wie schaffen wir es, den ganzheitlichen Blick auf Kommunikation (ja, auch Produktqualität ist ein kommunikativer Faktor!) in Unternehmen zu verankern und zwischen den bislang meist getrennten Zuständigkeiten Brücken zu bauen?
planetsab
Ich denke nicht, dass es unbedingt deine Aufgabe war. Es ist eher ein Abbild der allgemeinen Stimmung, hier schwingt möglicherweise auch das Thema “Angst” mit. Das Format fand ich auch sehr gut, die Interaktion am Nachmittag für alle die Gelegenheit, etwas Konkretes mit nach Hause zu nehmen.