Warnung: wird kryptisch und persönlich
Der Mensch spricht oft von einem Spagat, den er versucht, wenn er zwei gegensätzliche Ziele verfolgt. Oft stehen da privat gegen beruflich; was man vorgibt zu wollen gegen das, was man tun zu müssen glaubt. Man nennt dann gern die, die scheinbar die Goldene Balance schaffen, ‘glücklich’.
Dass dies jedoch weder was mit Spagat noch mit Glück zu tun hat, sollte jedem klar sein, und zwar nicht erst nach der Lektüre von Seth Godins ‘Linchpin’ und Markus Albers’ ‘Meconomy’. Aber irgendwie braucht der Mensch dann doch diese Zaunpfähle, die einen von Spagat auf Spaghetti bringen.
Elternzeit ist toll, genauso, wie sein Schlafzimmer wieder für sich zu haben und dem Kinde den ersten Brei zu geben (Anhaltspunkt: sie ist nun 5 Monate alt). Dennoch, Wissensarbeiter können und werden in der Zukunft nicht mehr Elternzeit per se machen wollen, sondern sich Arbeitgeber suchen, die flexibles Arbeiten anbieten. Man will Eltern sein, wenn die Kinder Eltern brauchen.
Den Hinweis “Wir fahren in den Urlaub” quittierte Junior gegen Ende der Fahrt mit der Frage, “wo issi Urlaub?” Um bei seinen Worten zu bleiben, “genau! richtig!”
Warum bin ich nur so angespannt, ich bin doch “glücklich”? Ich habe in den letzten 15 Monaten viele Entscheidungen ganz bewusst getroffen und bewusst Ziele gesetzt. Auf dem Weg zu diesen Zielen habe ich Reduktion betrieben, Projekte ‘in the Dip’ sterben lassen, mich von metaphorischen Stehrümchen getrennt, auch Freundschaften einschlafen lassen, die keine (mehr) waren. Das Auseinandersetzen mit seinem Platz im Leben und der bei mir stets präsente Drang, jeden Tag dazu zu lernen, die Familie, die Berufung – diese Spaghetti schmecken aber nur, wenn man noch die Muße hat, sie im Jetzt und Hier zu genießen.
In diesem Sinne, “Wo issi Urlaub”. Zeit, die Socken auszuziehen, nicht nur weil Frühling ist. Die Socken, die mich über den Winter nicht nur aufgrund der Kälte in unserer nervenden Erdgeschosswohnung oft bis ins Bett begleitet haben. Die Socken, die ‘convenient’ waren. Zeit, mich metaphorisch wie wörtlich zu erden. Zeit, zum Beispiel zu realisieren, dass ich nicht mehr 25 bin und auf mich Acht geben muss. Mit den Socken auch das Brett vor dem Kopf ablegen, den Nebel lichten. Zurückblicken und einsehen, dass das letzte Jahr ok war, aber ok ist eigentlich nicht mein Anspruch.
Junior kennt sich aus mit dem iPhone, besonders mit den Photo-Apps. Er (2 1/2) kann Bilder machen und bearbeiten, mit Ausdauer. Beim Ausflug heute umarmte er eine – barbusige – Wassernixe und sagte “Papa Foto machen”. Meine Antwort “dann musst du aber auch lächeln” führte er schneller, souveräner und mit mehr Selbstverständlichkeit aus als Lisa, Jaqueline und Hannah am Abend zuvor. Die offensichtliche Frage ist, wann setzt der Stillstand ein? Wann verlieren die meisten Menschen den Hunger, die Lust, die Neugierde?
Warum war in den letzten Wochen die Reaktion auf “meine Frau fährt mit dem Baby nach New York” so oft “echt, da erinnert sich die Kleine doch später nicht dran”? Der Punkt ist: Die Kleine vielleicht nicht, aber meine Frau… (kurze Pause, während ihr mal darüber nachdenkt).
Ich hab Hunger auf Spaghetti und Lust auf mehr.
3 Comments
Timo Lommatzsch
Ich glaube ich kann sehr genau nachfühlen, was Du meinst!
Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach
Und, ganz ehrlich, das bleibt so. Manchmal leider, oft glücklicherweise, immer merkwürdig.
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